Gespür. Gemeinsamkeit. Geteiltes Leid.

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„Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Kind an Krebs erkrankt ist.“ Wenn plötzlich nichts mehr ist, wie es war, wenn aus Glück Sorge und aus Alltag Angst wird, dann gibt es Menschen, die all dies kennen, auffangen und zur Seite stehen.

Es war ein bewegendes Gespräch mit erstem Vorsitzenden Herbert Putzer und Kassier Hartmut Ordnung der Kinderkrebshilfe in der Region Oberpfalz Nord e.V.

Beide Gründungsmitglieder sind seit Entstehung des Vereins im Jahr 2004 als ehrenamtliche „gute Seelen“ für Familien da, deren Kind an Krebs oder anderen schweren Krankheiten wie Herzproblemen und Tumoren leiden. „Wir sind ein Team von derzeit 22 ehrenamtlichen Mitgliedern, die alle aus sozialen Bereichen wie Kindergärten, dem Rettungsdienst, der Altenpflege oder aus  Krankenhäusern stammen. Seinerzeit gab es nichts dergleichen und aus unseren beruflichen Situationen heraus sowie den Kenntnissen über die Sorgen und Nöte der vom Schicksal gebeutelten Familien entstand von den Gründungsmitgliedern die Idee helfen zu wollen“, denkt Herbert Putzer an den Ursprung der vielen guten Taten zurück.

Wohltuende Wirkung

Es ist immer wohltuend, wenn man schwierige Lebenssituationen nicht alleine meistern muss. Die Frauen und Männer des Vereins wissen durch ihre jahrelange Betreuung, wie sie ihre Unterstützung wirkungsvoll einsetzen können. Mittlerweile hat das Team bereits 220 Familien nicht nur seelisch begleitetet, sondern auch finanziell unterstützt. „Die Kontakte zu den Familien entstehen überwiegend durch unser großartiges regionales Netzwerk zwischen Kinderkliniken, Kinderärzten und sozialen Einrichtungen. Da unsere Spendengelder und -beiträge aus der Region Oberpfalz stammen, unterstützen wir auch ausschließlich hier ansässige Familien. Wenn uns also eine Information erreicht, dass unsere Hilfe benötigt wird, setzen wir uns mit der Familie telefonisch in Verbindung und vereinbaren ein erstes persönliches Treffen. Für mich ist das immer der schwerste Gang“, gibt Herbert Putzer ehrlich zu.

„Aber nicht nur für mich ist das Kennenlernen mit Herzklopfen verbunden, auch für die Menschen, die mir dann die Türe öffnen, ist es nicht weniger leicht. Ich muss in der für sie ohnehin sehr schwierigen Zeit Fragen zur finanziellen Situation und zur Krankheitsgeschichte stellen und brauche Arztbescheinigungen. Auf diesen Informationen können wir unsere Unterstützung aufbauen. Damit wir aber schnellstens etwas Gutes erreichen können, erhalten die Familien eine Soforthilfe von 500 Euro. Dafür sind keinerlei Nachweise oder Unterlagen nötig. Wir besprechen dann weiter, wie wir den Betroffenen den Alltag erleichtern können. Unsere Leistungen sind sehr vielseitig aufgebaut. Es fängt schon mit Fahrtkostenzuschüssen an. Sehr oft werden die jungen Patienten in den Unikliniken in Regensburg oder Erlangen behandelt. Da summieren sich die zu fahrenden Kilometer und auch der Verschleiß des Autos ist nicht zu vernachlässigen“, weiß der Betreuer aus langer Erfahrung.

Keine einsamen Entscheidungen

Während des Behandlungszeitraumes in den Kliniken werden die Kinder immer von einem Elternteil begleitet. „Meistens betrifft es junge Familien. Oft wird oder wurde gerade ein Haus gebaut und es wird mit Kreditrückzahlungen seitens beider elterlicher Verdienste gerechnet. Genau dann schlägt oftmals das Schicksal gnadenlos zu und alles bisher Aufgebaute droht zu zerbrechen“, bedauert Hartmut Ordnung. „Plötzlich werden die Einnahmen weniger, die Ausgaben hingegen aber immer größer. Aus medizinisch-hygienischen Gründen muss etwa aus dem Kinderzimmer der Teppich entfernt werden, die Wäscheberge stapeln sich höher, weswegen oft ein Trockner angeschafft werden muss, Haushaltshilfen werden nötig und vieles mehr. Wir sind dankbar, dass wir den Betroffenen einiges entgegenbringen können, von Medikamentenzuzahlungen bis hin zum Kauf von Perücken oder Brillen, die für die noch sehr jungen Patienten ein wenig Lebensqualität mit sich bringen.“ Um den individuellen Ansprüchen jeder Familie gerecht zu werden, findet jedes Monat eine Vorstandssitzung – bestehend aus elf Personen – statt, in der die jeweiligen Leistungen entschieden werden. Aktuell sind 126 Familien betroffen, wobei sich das stetig ändert. „Leider haben wir dieses Jahr schon zwei Todesfälle erlebt“, bedauern beide Helfer schweren Herzens.

Große Sorgen, kleine Wünsche

„Wenn man so eng mit den kranken Kindern in Kontakt ist, dann nehmen diese kleinen Wesen schon einen Platz im eigenen Herzen ein. Aber jeder von uns hat auch sein eigenes Leben“, gibt Herbert Putzer ehrlich zu. Dass die Kinderschicksale ihn sichtlich berühren, kann man ganz deutlich spüren. Dementsprechend setzt er sich auch für jeden kleinen und etwas größeren Herzenswunsch seiner Schützlinge ein. „Als ich einmal einen zehnjährigen Jungen im Klinikum besuchte, vertraute er mir seinen Wunsch an. Sein iPad war ihm aus dem Bett gefallen, er brauchte es aber dringend zum Lernen. Ich höre ihn noch heute sagen, dass man es leider nicht mehr reparieren könne und Mama und Papa wegen seiner Krankheit kein Geld für ein neues Gerät hätten. Als unser Verein ihm zu Weihnachten ein neues schenkte, war seine Freude unbeschreiblich. Noch heute ist er überwältigt davon“.

Aber nicht nur materielle Gaben bereichern den Alltag der Kinder. Der Verein bemüht sich mit großem Engagement, diesen eine schöne Auszeit oder auch kleine Energieschübe fernab vom Krankenbett zu ermöglichen. So wurden schon unvergessliche Fahrten nach Günzburg ins Legoland oder zu Fussballspielen unternommen. „Kein Geld der Welt kann die glänzenden Kinderaugen ersetzen, in die wir bei unseren Ausflügen blicken können“, erzählt das Männerteam gerührt. Man merkt ihnen die Ehrlichkeit deutlich an, die sie in ihre Arbeit legen. 

Was ihnen jedoch besonders wichtig ist, ist die Tatsache, dass auch gesunde Geschwisterkinder mit eingebunden werden. „Es kommt auch vor, dass Geschwister unter dem anstrengenden Alltag leiden und sich zurückgesetzt fühlen. Leider resultiert daraus oftmals ein schulischer Leistungsabfall. Sie fühlen sich nicht mehr wichtig, denn alles dreht sich ja scheinbar nur noch um die Krankheit des Bruders oder der Schwester. Wenn das der Fall ist, greifen wir ein und übernehmen dann zum Beispiel eine Hausaufgabenhilfe und führen Gespräche“, lässt uns Hartmut Ordnung wissen.

Zusammenhalt oder Entgleisung

Die neue Situation ein krankes Kind zu haben ist für alle Eltern ein meist unerträgliches und einschneidendes Erlebnis. „Manche Paare schweißt es zusammen, doch viele entzweit der Stress, der Druck, der im Prinzip nicht mehr normal stattfindende Alltag auch“, beobachten die Vereinsmitglieder. Sie mussten sogar schon erleben, dass zum Beispiel der Vater einfach ging. Solche Erlebnisse gehen an den „Engeln auf Erden“ nicht spurlos vorbei, aber das stabile Miteinander im Team der Kinderkrebshilfe gibt ihnen zum Glück genügend Stabilität, um immer mit ganzer Kraft dort zu sein, wo ihre Hilfe gebraucht wird. Wir sagen dafür aus ganzem Herzen vielen Dank!