Jambo!

So heißt „Servus“ auf Suaheli. Wenn sie über ihre Farm reden, dann kommen die beiden ganz schnell ins Schwärmen. Vielleicht, weil man sich plötzlich Afrika so nahe fühlt, oder einfach nur, weil die bis zu 250 Zentimeter großen und 100 Kilogramm schweren Laufvögel ihr Herz erobert haben? Wahrscheinlich beides. Die Rede ist von den ganz großen unter den Federtieren, dem Vogelstrauß. Die Rede ist auch von Karin und Harald Franz, den „Zieheltern“ der bis zu hundert Küken. Richtig: normalerweise sind Strauße unter anderem in den Steppen Somalias beheimatet. Wer die Tiere aus der Nähe bestaunen möchte, kann sich eine lange Flugreise aber sparen. Es reicht, nach Kotzenbach in den Landkreis Neustadt an der Waldnaab zu kommen.

In die Röhre geschaut

Karin Franz erzählt, dass die Grundidee zur Straußenfarm durch eine TV-Reportage über einen Zuchtbetrieb entstand. Für Einzelhandelskaufmann Harald Franz war es Liebe auf den ersten Blick. Nach einigen Fachkunde-Seminaren, den zugehörigen Prüfungen und Genehmigungen stand dem anfangs „Feierabend-Projekt“ nichts mehr im Wege. Außer der Nähe zum Tier, hat sich alles verändert im ehemaligen Schaf- und Schweinebetrieb. Dort, wo einst die Schweine grunzten, trinkt man heute gemütlich Kaffee. Hier stärken sich zum Beispiel Busreisende nach einer Hofführung oder Fachvorträgen. Um unterschiedlichen Besuchergruppen wie etwa Landerlebnis-Ausflügen, Seniorenheimen, Schulklassen oder Kindergärten einen abwechslungsreichen und spannenden Erlebnistag zu ermöglichen, werden verschiedenste „Safari-Pakete“ angeboten. Ein Highlight ist vor allem das Showcooking, bei dem Karin Franz ihren Gästen zeigt, wie man das frische Straußenfleisch am besten zubereitet.

Keine Angst vor Löwen

Die Gefahr, dass die Vögel ihren natürlichen Feinden, also Löwen oder Leoparden, zum Opfer fallen, ist in Kotzenbach eher unwahrscheinlich. In ihrer Heimat müssen sich die Raubkatzen allerdings selbst in Acht nehmen: Der Fußtritt eines Vogelmännchens kann tödlich enden – vor allem wenn er gerade sein Nest beschützt. Die Wüstenvögel sind dämmerungsaktive Tiere, die besonders gut mit kargem Vegetationsangebot zurechtkommen und legen für eine Mahlzeit oft mehrere Kilometer zurück. Die Nächte sind zum Rasten und Ruhen da. Als Pflanzenfresser stehen Blätter, Körner, Blüten oder Früchte auf dem Speiseplan. Insekten oder Kleintiere lassen sie sich auch gelegentlich schmecken.

 

Aus anfänglich zehn Küken sind inzwischen 100 Küken jährlich geworden. Neben hofeigenen Eiern werden auch Fremdeier von Partnerhöfen in die Brut gegeben. Ein überlegtes Vorgehen, um inzüchtige Nachkommen zu vermeiden und auch die hohe Nachfrage an Straußenprodukten abzudecken. In der Straußenzucht muss besonders den Küken viel Fürsorge geschenkt werden. Die Natur kennt keine Gnade und selektiert schwache und angeschlagene Jungtiere rigoros aus. Daher gilt alles Augenmerk der Züchterin den Kleinen: „Wenn es im Frühjahr regnet, kommen erst meine Küken in den Stall, erst danach hole ich die Wäsche von der Leine“.

 

Das „Betüdeln“ zahlt sich aus: Wenn die Jungtiere ihre ersten Lebenstage gut überstehen, sind sie mit einem Jahr sehr abgehärtet und halten Krankheiten, Wind und Wetter eisern stand. Tierarztbesuche und Medikamentenzugabe sind daher eher Seltenheiten, was für die Fleisch- und Eierproduktion der ausgewachsenen und schlachtreifen Strauße ein positiver Qualitätseffekt ist. Geschlachtet wird direkt vor Ort in Kotzenbach. Es gibt keine stressigen Transportwege für die Tiere. Lediglich die Weiterverarbeitung erfolgt durch einen Metzgerbetrieb aus der Umgebung. Straußenfleisch enthält deutlich weniger Cholesterin und Fett als herkömmliches Rind- und Schweinefleisch. Die Natur hat es so eingerichtet, dass sich das Fett der Tiere nur am Rücken ansetzt – eine natürliche Kälteisolierung für die nächtliche Wüste. Daher ist das Fleisch sehr mager und gut verträglich. Für Karin und Harald ist eine „Vollverwertung“ wichtig. So stößt man in ihrem Sortiment sogar auf Hundewurst, welche für Allergiker-Hunde besonders gut bekömmlich ist.

Ach du dickes Ei

Erst die Arbeit und dann das Vergnügen: So ist es zumindest mit dem Straußenei. Schnell mal leicht auf die Schale klopfen und ab in die Pfanne? Nicht mit dem XXL-Ei! Ohne Bohr- und Sägewerkzeug bleibt der Ofen kalt. Dafür werden von einem Ei bis zu acht Personen satt. Über den Geschmack lässt sich hier nicht streiten. Es schmeckt deutlich fluffiger und intensiver als ein normales Ei. Mit viel Liebe zum Detail hat die Familie ihren Hofladen eingerichtet. Es steckt viel Exotik in den Regalen: Staubwedel aus Straußenfedern, Handtaschen aus Straußenleder, Lampen aus Straußeneiern, Straußenöl-Seifen und -Kosmetik. Natürlich darf der Direktvertrieb von Fleisch, Likören, Eiern und Tierfutter in dieser Aufzählung nicht fehlen. Wer also auf den Strauß gekommen ist, sollte schnellstens eine Tour nach Afrika, nein natürlich nach Kotzenbach unternehmen.