Wilde Jungs

In den Genuss von frischem Wildfleisch kommen oft nur Jäger, deren Freunde und  Bekannte oder ein eingegrenzter Kreis an Ver- brauchern. Dabei ist ein Großteil des normalen Metzgerei-Portfolios mit Wild abdeckbar.

 

2015 gründeten die beiden Hobby-Jäger Rudolph Grundler (32 Jahre) und Christopher Hanauer (30) aus einer „Spaß-Idee“ heraus eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, um unter dem Namen „Wilde Sachen“ Wildprodukte zu vermarkten und zu verkaufen – nebenbei zu ihren Berufen. Hanauer ist Bankkaufmann und Grundler Steinmetz. Die beiden Freunde be-sitzen ein Jagdrevier bei Eslarn im östlichen Landkreis Neustadt an der Waldnaab und haben schon früher gelegentlich das Erlegte küchenfertig gemacht. Heute vertreiben sie Glas- und Rohwurstware, liefern Wildfleisch auf Bestellung oder sind als Gastronomen auf Veranstaltungen vertreten – mit Wild, versteht sich.

Geheimtipp in aller Munde

Unsere Neukunden sind ab und zu etwas voreingenommen, aber wer den Genuss einmal erlebt hat, schwärmt mit großer Wahrscheinlichkeit von Wild“, erklärt Rudolph Grundler. Auch wenn es heute noch oftmals exotisch anmutet, etwa Wildfleisch zu grillen, entwickelt sich immer mehr der Food-Trend „Wilde Küche“. Das alte Klischee von muffigem Geschmack ist passé. Das lange Abhängen von Wildfleisch, das einen sehr strengen Geruch mit sich brachte, wird heute nicht mehr praktiziert. Man weiß, die Vorzüge von frischem Fleisch zu schätzen, welches keinesfalls riecht. Daher gibt es auch keine Lagerhaltung bei den „Wilden Sachen“: Burger, Schnitzel, Rouladen oder Bratwürste werden frisch eingeschweißt, verkauft oder direkt selbst zubereitet. Die hervorragende Qualität erspart auch das Einlegen des Fleisches oder die Überwürzung mit Lorbeer oder Wacholder, wie zu Urgroßmutters Zeiten.

 

Gatterwild kommt den beiden Jägern keinesfalls ins „Küchen-Gehege“. Das Wildbret stammt ausschließlich von freilebend erlegten Tieren.  Vereinzelt erhalten sie auch Stücke von benachbarten Revieren, die diese nicht selbst verwerten können, um sie schließlich im Schlachthaus zu Wildbret zu verarbeiten. So nennt man übrigens im Zunft-Jargon Wildfleisch von freilebenden Tieren, die dem Jagdrecht unterliegen. Vieh, das durch eine Treibjagd getötet wird, die der Senkung der Population und damit dem Naturschutz dient, darf nicht auf den Teller: „Diese Tiere sind zu gestresst“, weiß Hanauer. „Ansonsten verkaufen wir in der Regel alles, was wir schießen, etwa 50 Stück im Jahr.“ Alle Stücke werden untersucht auf Trichinen, also Fadenwürmer, und Radioaktivität. Außerdem werden Blutproben entnommen und analysiert; dies sei zwar nicht vorgeschrieben aber stellt dennoch die Fleischqualität sicher.

Wer denkt, die Jagd ist bloß wildes Geballere, der irrt: Die beiden Naturburschen sind gerne draußen im Wald und schätzen den erholsamen Ausgleich zum Alltag. „Ich muss nicht jedes Mal schießen! Hauptsache, ich habe meine Ruhe“, betont Hanauer, ehe sein Kumpel ergänzt: „Das Handy habe ich nur für den Notfall dabei.“ Statistisch gesehen brauchen sie bei zehn Jagdgängen nicht mehr als einmal das Gewehr. Zerlegt wird das erlegte Stück noch an Ort und Stelle – zur Weiterverarbeitung muss es aber ins Schlachthaus gebracht werden. „Wir sind keine Metzger“, gibt Grundler zu bedenken. Die Jäger dürfen selbst nicht wursten, da man dazu eine bestimmte EU-Zertifizierung braucht. Hier arbeiten sie mit einem Metzger aus Moosbach zusammen und stehen in gutem Kontakt mit dem Gesundheitsamt im Landratsamt.

Auf die richtige Würze kommt es an: Beim Würzen und Abschmecken mischen die beiden selbstverständlich wieder mit. „Am Anfang hat es erstmal nicht geschmeckt“, erinnern sie sich. Je nach Produkt setzt sich beispielsweise eine Wurst aus 50 bis 80 Prozent Wildfleisch zusammen. Hinzu kommen rund 11 bis 20 Prozent Trinkwasser. Der Rest ist herkömmliches Schweinefleisch – natürlich aus eigener Schlachtung des Metzgers. Abgeschmeckt wird mit Gewürzen, wie etwa dem süßlich-würzigen, leicht harzig-bitteren Wacholder. Konservierungs- oder Haltbarkeitsstoffe sucht man vergeblich in den Rezepturen der „Wilden Sachen“. Im Fettgehalt unterscheidet sich Wildfleisch wesentlich von Schweine- oder Rindfleisch, denn es weist weniger Fett auf und ist daher in der Verarbeitung mit einem größeren handwerklichen Aufwand verbunden.