In Kaltenbrunn, dort, wo oftmals der Duft von Rauchfleisch und dampfender Soße durchs Dorf zieht, steht das Wirtshaus der Familie Krauß. Seit Generationen kehren hier Nachbarn, Musiker und Kirwabesucher ein. Ein Ort, an dem man sich kennt, Geschichten erzählt und das Leben wahrlich noch ein bisschen nach früher schmeckt. Heute führt Franziska Liedl das Haus weiter: jung, entschlossen und mit dem festen Willen, den Charme des Alten mit den Ansprüchen der Gegenwart zu verbinden.
Sie hat den Gasthof „Zum Goldenen Posthorn“ von ihren Eltern übernommen – samt Metzgerei, Partyservice und Schulspeisung. „Das Wirtshaus allein trägt sich heute kaum“, sagt sie. Darum organisiert sie Feiern, beliefert Schulen und steht jeden Sonntag selbst am Herd. Ihre Tage beginnen früh und enden spät.
Franziska ist gelernte Steuerfachangestellte. Den Taschenrechner gegen einen Kochlöffel zu tauschen, ist ihr jedoch nicht allzu schwergefallen. Sie lacht, als sie davon erzählt, wie sie das Handwerk von Grund auf gelernt hat – ohne Rezepte, ohne genaue Mengenangaben. Ihre Mutter habe alles „aus dem Bauch heraus mit viel Liebe“ gemacht, sagt sie. Die Handhabung ist die gleiche geblieben, nur mit etwas mehr Ordnung und System. Heute schreibt sie Speisepläne, kalkuliert Portionen und kennt jeden Arbeitsschritt bis ins Detail.
In der Küche liegt ein vertrauter Duft in der Luft nach frisch angebratenen Zwiebeln, heißem Bratenfett und herzhaften Leckereien, für den Franziska Liedl im ganzen Dorf bekannt ist. Es ist ein ehrlicher Geruch, wie sie sagt – nach echter Arbeit. Fertigprodukte kommen bei ihr nicht auf den Tisch. Alles entsteht im eigenen Haus – vom Fleisch über die Soßen bis zu den Wurstwaren.
Für sie ist das eine Frage der Haltung, kein Werbeslogan. „Wenn ich mal so weit bin, dass ich die Tiefkühltüte aufreiße, dann höre ich auf“, erzählt die Wirtin mit einem festen Ausrufezeichen in der Stimme.
Das Wirtshaus in Kaltenbrunn ist kein Museum. Franziska führt fort, was ihre Eltern aufgebaut haben, aber sie entwickelt es weiter. Auf der Speisekarte stehen neben Schweinebraten und Schäuferle inzwischen auch vegetarische und vegane Gerichte. Anfangs hätten einige Stammgäste skeptisch reagiert, erzählt sie schmunzelnd. Heute probieren sie neugierig Neues und stehen Veränderungen positiv gegenüber.
Die „Kaltenbrunn-Pizza“ ist ein Familienrezept, das bis heute besteht. Sie ist etwas dicker, ehrlich im Geschmack und spiegelt die Bodenständigkeit der Region wider. Entstanden aus einer Laune ihres Vaters und ihrer Tante, ist sie längst fester Bestandteil der Karte und darf bei keiner Kirwa fehlen. Wenn die Musik spielt, die Leute tanzen und um vier Uhr früh noch die „Haus-Pizza“ bestellen, weiß Franziska, dass sich die Mühe lohnt.
Wer das Wirtshaus betritt, spürt, dass hier mehr passiert als bloß Essen und Trinken. Es ist ein Treffpunkt, ein Stück gelebtes Dorfleben. Franziskas Vater steht noch regelmäßig in der Metzgerei helfend zur Seite, ihr Onkel kümmert sich um die Buchhaltung und ihr kleiner Sohn Paul läuft zwischen den Gästen herum und sorgt für viele Lacher. „Hier steht keine anonyme Belegschaft, hier steht eine Familie dahinter“, sagt sie. Montags bleibt das Wirtshaus geschlossen – eine bewusste Entscheidung. Die Zeit brauche sie, um durchzuatmen, gibt Franziska ehrlich zu. „Es bringt nichts, wenn man den Laden offen hält, aber die Freude verliert.“ Es ist diese Balance, die sie anstrebt: zwischen Arbeit und Leben, zwischen Familie und Verantwortung.
Wenn Kirwa ist, wird das Dorf zur Bühne. „Da ist alles voll, von abends bis in der Früh“, sagt sie. Musik, Gläserklirren, Stimmen und lautes Lachen, das über die Straße klingt. Es ist anstrengend, aber es sind genau diese Tage, die sie liebt: Wenn das Haus bebt und das Dorf gemeinsam feiert. Danach folgt der reguläre Alltag: Schulspeisung vorbereiten, Bestellungen planen, Buchhaltung, Küche, Familie. Franziska hat gelernt, bei all dem ruhig zu bleiben. Sie weiß, was sie will und was nicht. Qualität, Verlässlichkeit, Bodenständigkeit. Kein Marketing, kein Trenddenken. Nur gutes Essen, ehrliche Arbeit und das, was ein Wirtshaus ausmacht: Menschen genüsslich zusammenzubringen.
Das Wirtshaus der Familie Krauß ist mehr als ein Familienbetrieb – es ist ein Stück Identität. Franziska weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, so etwas zu erhalten. „Früher war das Wirtshaus der Ort, wo alles entschieden wurde“, sagt sie. „Heute läuft vieles digital. Aber trotzdem: wenn was los ist, erfährst du’s zuerst bei uns.“
Vielleicht liegt genau darin die Zukunft dieses Hauses: in der Nähe, der Herzlichkeit, im Gespräch am Tisch. Franziska hält das Wirtshaus lebendig, ohne laut zu werden. Sie führt, wo andere aufgeben würden. Und sie tut es mit Herz, Humor und einem feinen Gespür dafür, dass das Einfache oft das Beste ist. „Viele Generationen durften hier schon ihre ganz persönlichen Lebensgeschichten schreiben“, sagt sie, während sie durch die Gaststube blickt, „und ich darf sie hier ebenfalls schreiben, was mich sehr glücklich macht.“ Schön, dass es solche Menschen und Orte in unserer Oberpfalz gibt!







