Das Moosbacher Cowgirl

Wenn Finanzbeamtin Erika und Maschinenprogrammierer Günter Sauer gemeinsam einen Sonnenuntergang genießen, dann stellt man sich das womöglich nicht so romantisch vor, wie es in Wirklichkeit ist:

Es hat einen Hauch von Texas – mitten im oberpfälzischen Moosbach. Das Ehepaar lehnt am Weidezaun und betrachtet im warmen Sonnenlicht ihre friedlich grasende Viehherde.

Nach Dienstschluss in den Kuhstall

Erika Sauer stammt aus einem landwirtschaftlichen Betrieb. Dennoch konnte sie sich einst nicht vorstellen, selbst Bäuerin zu werden und wählte den Beruf der Finanzbeamtin.Ehemann Günter bildete damals nicht nur ihre Haflingerpferde aus, sondern eroberte im Galopp ihr Herz. Zu dieser Zeit ahnte das Paar noch nicht, dass alles Glück dieser Erde nicht auf dem Rücken der Pferde liegt, sondern eher auf den Rücken von Kühen. Ihr jüngerer Bruder war es, der ursprünglich den elterlichen Betrieb übernehmen wollte, leider aber tödlich verunglückte – ein schwerer Schicksalsschlag für die Familie und die Zukunft des Hofes, in dem das ganze Herzblut der Familie steckte. Heute sagt Erika: „Es war ausschließlich der Reiz an der Rinderrasse, die mich doch letztendlich zur Hofnachfolgerin machte.“ Dabei ist das rote Höhenvieh eigentlich schon immer in unserer Gegend heimisch, aber heute vom Aussterben bedroht. Gerne erinnert sie sich daran, dass es ihr Vater war, der vor fünfzehn Jahren die ersten drei Tiere kaufte. Anfangs wollte die Familie nur die Flächen bewirtschaften und die Gastronomie mit Rindfleisch ihrer Tiere beliefern. Dem war nicht so, denn die Nachfrage seitens der Gastronomie blieb aus. Erika wurde schnell bewusst, dass sie direkt vermarkten müssen. Der Tierbestand wurde nach und nachaufgestockt und auch das Interesse der Kunden und Gastronomen aus der gehobenen Küche wuchs. Gewerbliche und private Kunden werden ausschließlich mit frisch geschlachtetem Fleisch bedient. Nicht nur die Frische garantiert ein hohes Qualitätsmerkmal, sondern auch der Hergang der Schlachtung. „Die Fleischqualität wird vom Stress in den letzten dreißig Lebensminuten des Tieres beeinflusst. Daher kennen unsere Tiere keinen Stress.

Quadratisch, praktisch, gut?

eingeschweißten, genormten und nach industriellen Verfahren hergestellten Lebensmittel. Für die Landwirtsfamilie ist eine solche Herstellung undenkbar. Sie produzieren auf natürliche Weise und freuen sich, dass immer mehr jüngere Kunden Wert auf Nachhaltigkeit und bewusste Ernährung legen. „Dabei muss es nicht zwangsläufig Bio sein, sondern durchschaubar“, so Erika Sauer. „Man ist durch eigenes Konsumverhalten dafür verantwortlich, wie Landwirtschaft betrieben wird. Der Landwirt erzeugt immer das, was nachgefragt wird“, pflichtet ihr Ehemann Günter bei.

Kulturgut Rindvieh

Erika und Günter Sauer schätzen ihre Tiere und bezeichnen sie gerne als Kulturgut. Dass sie die Tiere als ein Nahrungsmittel züchten, sehen sie als Notwendigkeit an. „Zuchttiere sind weniger gefragt, aber wenn sie als Nutztiere gebraucht werden, bleibt die Rasse erhalten“, erklären sie nüchtern. Auch das landschaftliche Kulturgut lässt die Bäuerin nicht außer Acht. Diese Fleischrinderrasse kommt gut auf Grünland zurecht, nutzt es extensiv und erhält somit die Landschaft. Getreide muss nur ab und an zugefüttert werden. Auf Mais, Soja oder Kraftfutter kann gänzlich verzichtet werden.

Von der Abendkursteilnehmerin zur Vorsitzenden

Erika Sauer kann auf eine bewegte berufliche Laufbahn zurückblicken – vom Amtsschreibtisch im Finanzamt über Abendkurse für die landwirtschaftliche Gesellenprüfung bis hin zur Vorsitzenden des Fleischrinderverbandes. Ihr schönster Erfolg ist aber sicherlich die Wiederbelebung einer fast ausgestorbenen Tierrasse.